Status: Nicht angemeldet

MARMA Geheimnisvolle Vitalpunkte - Heilung durch Berührung

MARMA Geheimnisvolle Vitalpunkte - Heilung durch Berührung

16.03.2023 | von Chaithanya Chandrasekharan. Stellen Sie sich ein Smartphone vor. Daten sind dort in Form von Texten, Audio-, Foto- und Videodateien gespeichert. Diese Informationen werden durch Radiowellen und elektrische Signale innerhalb eines elektromagnetischen Feldes übertragen. Über Anwendungen, wie z. B. Apps, können wir auf Daten zugreifen. Dazu benötigen wir ein Passwort, das in der Regel aus Buchstaben, Zahlen und/oder Sonderzeichen besteht. Das Passwort ist natürlich geheim. Es hilft beim Zugreifen, Löschen und Anwenden der Daten und Funktionen eines Mobiltelefons.

Titelbild und Bild im Artikel Bildquelle:  © Shutterstock / Microgen

 

Der Körper als Datenträger

Stellen Sie sich jetzt Ihrern Körper als Datenträger vor. Die Daten werden hier von den zellulären Strukturen und Funktionen repräsentiert. Jede systemische Funktion des Körpers, z.B. Verdauung, Ausscheidung, Aufnahme, Blutzirkulation und Atmung, wäre demzufolge eine App. Damit diese Körperfunktionen optimal ablaufen können, sind bestimmte gut funktionierende anatomische Strukturen wichtig, u.a. Arterien, Venen, Bänder, Muskeln, Knochen, Gelenke und Organe. Diese Strukturen kreuzen sich an zahlreichen Stellen auf der Oberfläche und unterhalb der Haut. Diese Kreuzungspunkte sind das geheime Passwort, das hilft, auf die systemischen Funktionen des Körpers zuzugreifen, sie zu optimieren und verbessern zu können. Die Bezeichnug für dieses geheime Passwort lautet im alten Indien Marma.

 

Was ist Marma?

Marmas sind Vitalpunkte des Körpers, an denen sich zahlreiche anatomische Strukturen und auch feinstoffliche Energiebahnen kreuzen. Diese Vitalpunkte müssen geschützt werden. Das aus den Sanskrit stammende Wort Marma kann mit "versteckt" übersetzt werden, weil diese Vitalpunkte nicht auf der Hautoberfläche sichtbar sind. Um sie lokaliesieren zu können, braucht es Fachkompetenz, Erfahrung und Intuition. Sind Marmas durch äußere oder innere Einflüsse bzw. Überlastung verletzt oder blockiert, werden sie durch die Berührung bei der Marma-Therapie gelöst und wieder in Fluss gebracht. Das verbessert die Funktionen in den jeweilig behandelten Breichen des Körpers.

 

Historischer Überblick

Obwohl der geneaue Zeitpunkt des Ursprungs nicht bekannt ist, handelt es sich bei Marma um Wissen, das sich durch jahrtausendelange Praxis bewährt hat: sowohl als eigenständiges System als auch im Kontext traditioneller Medizin-Systeme wie Ayurveda, Traditionelle Chinesische Medizin, Akupunktur, tibetische Medizin und thailändische Medizin in Südasien.

Im alten Indien wurde das Wissen über Marma intensiv in den Bereichen der Kriegsführung, Kampfkunst, Ayurveda und Chirugie ausgeübt. In den Martial Arts und in kämpferischen Auseinandersetzungen ermöglichte das Wissen um Marma einem Krieger, den Gegner mit minimalem Aufwand zu besiegen, sich während eines Konflikts zu schützen  und bei Verletzungen die Heilung des eigenen Körpers zu stärken. Auch heute nutzt die einzigartige Tradition der keralischen Kampfkünste Kalarippayat die Wissenschaft der Marma-Punkte für das Training der Schüler sowie für die bekannten Kalari-Marma-Massagen, um Kraft, Flexibilität und Heilung im Körper zu fördern.

Ebenso werden in der tamilischen Tradition auch heute noch Marma stimulierende Techniken in der Schmerztherapie und zur Förderung der Heilung verschiedener Krankheiten eingesetzt.

 

Die Bedeutung von Marma

Marmas sind über den ganzen Körper verteilt und in allen wichtigen Geweben, Strukturen und lebenswichtigen Organen vorhanden. Verletzungen an diesen lebenswichtigen Marma-Punkten können u.a. durch einen starken Schlag mit einem externen Gegenstand, einen Sturz oder auch durch ein emotionales Trauma verursacht werden. Heilung mit Marma beruht auf dem folgenden Prinzip: Wenn ein intensiver physischer oder unterschwelliger Druck einen Vitalpunkt schädigen kann, damm kann eine sanfte Berührung helfen, Stärke und Vitalität der Struktur wieder zu verbessern. Auf einfache Weise können so Beschwerden gelindert werden.

 

Ayurveda und Marma

Die ganzheitliche Gesundheitswissenschaft Ayurveda nutzt die Lehre der Marma-Punkte seit Langem in der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge sowie für die Diagnose und Behandlung von Krankeiten, in Detox-Therapien (Panchakarma) und Operationen.

Die Wissenschaft von Marma wird im Ayurveda als begleitende Unterstützung genutzt. Marma wurde verwendet, um die Ursachen einer Krankeit zu Verstehen. In der ayurvedischen Chirugie dokumentierte der Ayurveda-Arzt Sushruta als erster Autor die Anatomie, Physiologie, Patologie und das Management verschiedener Marma-Punkte. In seiner Abhandlung Sushruta Samhita (Ayurveda-Klassiker und Grundlagenwerk) werden direkte Hinweise zur Einstufung von 108 Marma-Punkten gegeben. Es werden die Bedeutung der Lagge, die Verwundbarkeit, die Vitalität und die Bedeutung für die Entstehung einer Krankeit thematisiert.

Marma als Schlüssel zur Heilung

Im Ayurveda wird die Schwere einer Krankheit auch durch die Art und Intersität der Störung in bestimmten Marma-Punkten beurteilt. In verschiedenen Abhandlungen finden sich vereinzelte Schlussfolgerungen über Techniken zur Stimulierung von Marma-Punkten zur Förderung des Wohlbefindens und zur Behandlung von Krankheiten. Diese Techniken werden auch in den Entgiftungsverfahren des Ayurveda (Panchakarma) verwendet. Die Techniken, die durch Berührung der Haut angewendet werden, sind u.a. lokale Ölbäder, Umschläge, Ölmassagen im Tiefengewebe, Trockenmassage des Tiefengewebes, Auftragen von Kräuterpasten, Pinda Sveda (Kräuterstempelmassage) und Wärmeanwendungen.

 

Marmatherapie heute

Neben den im Ayurveda angewandten Techniken gibt es zwei Arten von in sich geschlossenen Marma-Techniken, die derzeit in Indien und Deutschland praktiziert werden: die sanfte Marma-Therapie und die Hartgewebe-Marma-Massage, die sowohl trocken als auch mit Ölen durchgeführt wird und auf der keralischen Kalari-Tradition beruht. Diese Behandlungen dauern zwischen 45 und 90 Minuten und werden abhängig vom aktuellen Gesundheitszustand des Klienten, in der Regel über einen Zeitraum von fünf bis sieben Tagen durchgeführt. Eine Behandlung ist sowohl stationär als auch ambulant möglich.

 

Anwendungsbereiche der Marma - Therapie

Die auf Ayurveda basierenden Marma-Verfahren haben sich bei der Behandlung einer Vielzahl von Beschwerden als nützlich erwiesen. Dazu gehören u.a.

  • Migräne
  • Ischias
  • Schmerzen und Blockaden des Bewegungsapparates
  • Verdauungsprobleme
  • Schlafstörungen
  • Burn-out
  • Depressionen und Angststörungen
  • Hyperaktivität

Die Auswahl, welche der Marma-Stimulationstechniken angewendet werden, liegt im Ermessen eines Experten. Marma-Sitzungen verbessern auch die Qualitätder folgenden Bereiche:

  • Flexibilität und Festigkeit der Gewebe
  • Verdauung und Stoffwechselprozesse
  • Immunität
  • Schlafqualität
  • Energielevel
  • Entspannung von Körper und Geist

In der gegenwärtigen Ära des Suchens nach vollkommener Gesundheit interessieren wir uns für Techniken, die Körper, Geist und Seele heilen können. Der systematische Ansatz der Marma-Therapie könnte ein geheimer Schlüssel zu ganzheitlichem Wohlbefinden sein. Die alte und erprobte Weisheit birgt einen Schatz in sich, der darauf wartet, von der Medizin der Gegenwart erforscht zu werden.

 

Vaidya Chaithanya Chandrasekharan studierte Ayurveda-Medizin in Bangalore, Indien. Ergänzend absolvierte sie ein Masterstudium in Klinischer Psychologie und indigenen Systemen mit Schwerpunkt Yoga und Ayurveda. Seit 2017 bietet Chaithanya in Deutschland ayurvedische Konsultationen, Vorträge, Workshops, Massagen und Massage-Ausbildungen bei Sri Sri Tattva an.     

 

Der Artikel ist erschienen im Ayurveda Journal Nummer 65:

Hier können Sie diese Ausgabe bestellen:

https://www.ayurvedajournal.shop/de-de/heft-65-gesundheitspraevention.html

 


Cookie Consent mit Real Cookie Banner